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Positionen zur Sächsischen Asylpolitik

Die CDU-Fraktion des Sächsischen Landtages hat am 27. August 2015 das aktuelle Positionspapier zur sächsischen Asylpolitik beschlossen:

CDU-Fraktion des Sächsischen Landtages - Positionen zur Sächsischen Asylpolitik

Die gegenwärtige humanitäre und gesellschaftliche Herausforderung, vor der die Bundesrepublik Deutschland und auch der Freistaat Sachsen stehen, fordert ein klares Bekenntnis zum Grundrecht auf Asyl und zur UN-Flüchtlingskonvention. Bis Ende 2015 werden voraussichtlich 800.000 Menschen, die Schutz vor Krieg, Verfolgung und Gewalt in ihren Heimatländern suchen, oder vor zerrütteten gesellschaftlichen wie wirtschaftlichen Verhältnissen fliehen, in der Bundesrepublik Deutschland ankommen.

Für den Freistaat Sachsen bedeutet dies nach heutigem Stand, dass bis Ende des Jahres etwa 40.000 Menschen zu uns kommen werden, für deren menschenwürdige Behandlung und Unterbringung wir Sorge zu tragen haben. Es ist davon auszugehen, dass auch in den nächsten Jahren, aufgrund der sich verschlechternden Situation in vielen Kriegs- und Krisenregionen, eine Vielzahl von Menschen Zuflucht in Europa suchen wird. Dabei werden wir vor die Aufgabe gestellt, den Geflüchteten nicht nur eine humane Unterbringung und Sicherheit zu garantieren, sondern ihnen schnellstmöglich Gewissheit darüber zu verschaffen, ob und welche Perspektiven sie in unserem Land haben.

Diese gesamteuropäische Aufgabe lässt sich nur gemeinsam mit allen Mitgliedsstaaten bewältigen. Auf der Ebene von Bund, Ländern und Kommunen braucht es eine Asyl- und Flüchtlingspolitik, die sich den Realitäten stellt und tragfähige Lösungen für die zukünftig zu erwartenden Herausforderungen in diesem Bereich anbietet:

I. ANFORDERUNGEN AN DIE EU

1. Die aktuellen Fragen in der Flüchtlingspolitik lassen sich nicht allein auf Bundes- und Landesebene beantworten, vielmehr braucht es eine gemeinsame europäische Lösung. Asylsuchende müssen unter den europäischen Staaten gerechter verteilt werden. Die Bundesrepublik Deutschland kann nicht dauerhaft 40 Prozent aller europäischen Flüchtlinge aufnehmen.

Die Staatsregierung wird gebeten, sich gegenüber dem Bund dafür einzusetzen, auf europäischer Ebene ein Steuerungskonzept für die Flüchtlingsströme unter Berücksichtigung der Größe eines Staates, seiner Einwohnerzahl und der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit einzuführen.

2. Die steigende Anzahl von Flüchtlingen und Asylbewerbern in der Europäischen Union ist Aufgabe aller Mitgliedstaaten (Dublin III-Verordnung). Nach dem Schengener Abkommen sind die Außengrenzen der Europäischen Union vor unerlaubten Übertritten wirksam zu sichern, um anderenfalls unausweichliche Maßnahmen der Einzelstaaten zu verhindern. Dieser Verantwortung müssen alle Mitgliedsstaaten gerecht werden.

Die Staatsregierung wird gebeten, gegenüber dem Bund dafür einzutreten, dass das Schengener Abkommen und die Dublin III-Verordnung durch alle Mitgliedsstaaten der EU konsequent eingehalten und umgesetzt bzw. auf die aktuellen Entwicklungen hin an-gepasst werden. Gegen Staaten, die Schleuser gewähren lassen, sind Sanktionen zu verhängen.

3. Die Höhe der Leistungen für Asylbewerber soll das Existenzminimum sichern, Missbrauch des Asylrechts verhindern und gleichzeitig einen innereuropäischen Unterbietungswettbewerb vermeiden. Es bedarf einheitlicher europäischer Standards, die für alle Flüchtlinge in den ersten Monaten ihres Aufenthalts die gleichen Bedingungen schafft.

Die Staatsregierung wird gebeten, sich gegenüber dem Bund dafür einzusetzen, die Schaffung eines standardisierten Leistungspaketes – insbesondere für die bezahlte, behördlich organisierte Unterbringung und Verpflegung in den ersten Monaten –, das gemeinsam durch die Europäische Union und die Mitgliedsstaaten finanziert wird und in allen EU-Ländern zum Einsatz kommt, gegenüber den Mitgliedsstaaten einzufordern.

II. ASYL UND FINANZEN

4. Die neu erwarteten Flüchtlingszahlen für den Freistaat Sachsen bedeuten neben der organisatorischen auch eine finanzielle ungeahnte Herausforderung. Neben dem Freistaat haben insbesondere die Kommunen eine große Last zu tragen und bedürfen der Unterstützung. Bei allen Anstrengungen steht zuerst die humanitäre Hilfe und existenzielle Grundversorgung im Vordergrund.

In einem zweiten Schritt gilt es nun, finanzpolitisch ausgewogen zu agieren: Einerseits sind ausreichend Mittel zur Flüchtlingsunterbringung bereitzustellen, andererseits aber Strukturen zu vermeiden, die den Freistaat dauerhaft vom soliden haushälterischen Kurs abbringen. Derzeit kann der Freistaat Sachsen die aufgrund der organisatorischen Verantwortungsstruktur eigentlich dem Bund anzulastenden Kosten noch vorfinanzieren und dabei trotzdem die im Haushalt 2015/2016 festgeschriebenen Ausgabevorhaben unbeeinträchtigt umsetzen. Wir fordern den Bund und die EU auf, die Zuständigkeit für die Asylpolitik zu akzeptieren und deren Kosten zu tragen.

Wer für die Europa- und Außenpolitik sowie Asylverfahren zuständig ist, muss auch die finanzielle Last tragen! Somit ist von sächsischen Vorauszahlungen auszugehen. Zuerst leisten wir die notwendige humanitäre Hilfe. Das ist ganz selbstverständlich. Aber es ist auch finanzielle Unterstützung vom Bund einzufordern.

Es muss kurzfristig eine durchgreifende finanzielle Unterstützung der Kommunen im Zusammenspiel von Landes- und Bundesmitteln aufgestellt werden. Die kommunale und landespolitische Handlungsfreiheit muss gesichert bleiben. Gleichwohl ist der Blick auch in die Zukunft zu richten.

Wir fordern den Bund auf, die perspektivischen Auswirkungen der finanziellen Hilfe für Asyl für die mittelfristige Haushaltspolitik von Länder und Kommunen, auch unter Beachtung von deren Finanzkraftstärke, im Blick zu halten und auch selbst zu tragen. Wer für die einzelnen gesetzlichen Stellschrauben wie Europa- und Außenpolitik sowie die Asylverfahren zuständig ist, hat auch die Kosten zu übernehmen.

III. ANFORDERUNGEN AN DEN BUND UND DEN FREISTAAT SACHSEN

5. Die Asylverfahren müssen beschleunigt werden, um eine Entlastung für das Asylsystem zu erreichen.

Die Staatsregierung wird gebeten, sich beim Bund dafür einzusetzen, dass für Asylsuchende aus Kriegsgebieten ebenso wie für Asylsuchende aus Ländern mit sehr geringer Anerkennungsquote, beschleunigte Verfahren unter Beachtung der staatlichen Sicherheitsbedürfnisse eingeführt werden, die eine möglichst kurze Bearbeitungsdauer bei einem rechtsstaatlichen Verfahren sicherstellen. Sollten Verfahren länger als drei Monate bis zum Erstbescheid dauern, soll der Bund die Kosten für die weitere Unterbringung und Verpflegung der Asylsuchenden übernehmen.

Die Staatsregierung wird gebeten, sich zudem gegenüber dem Bund dafür einzusetzen, dass Regelungen geschaffen werden, die es erlauben, Menschen, die keine Aussicht auf die Gewährung von Asyl haben, zeitnah zu informieren und konsequent rückzuführen, sollten sie nicht freiwillig ausreisen. Ausreisewillige Asylsuchende sollten durch eine Rückkehrberatung unterstützt werden. Ausreisepflichtige Personen sind konsequent in ihre Herkunftsländer zurückzuführen und eine Wiedereinreisesperre auszusprechen.

6. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) benötigt zur Bearbeitung der Vielzahl von Asylanträgen eine deutlich erhöhte Zahl zusätzlicher Stellen. Die bisherige Stellenplanung berücksichtigt noch nicht den erheblichen Anstieg der Asylbewerberzahlen.

Die Staatsregierung wird gebeten, sich gegenüber dem Bund dafür einzusetzen, dass neben der bestehenden Außenstelle des BAMF in Chemnitz zeitnah weitere Außenstellen in Dresden und Leipzig eingerichtet werden. Diese sollen personell so ausgestattet sein, dass eine zügige Fallbearbeitung gewährleistet ist.

Die Staatsregierung wird darüber hinaus gebeten, sich bei der zukünftigen Personal- und Stellenausstattung der Zentralen Ausländerbehörde des Freistaates Sachsen (ZAB) an einer realistischen Einschätzung der Entwicklung der Flüchtlingszahlen in den kommen-den Jahren zu orientieren – nur so können langfristig die verfahrensbegleitenden Aufgaben der Landesebene erfüllt werden.

7. Mit Blick auf die steigenden Flüchtlingszahlen ist das gesamte System der Erstaufnahme neu zu strukturieren. Dies soll nicht nur das gesamte Verfahren vereinfachen, sondern auch die Landkreise und Kreisfreien Städte entlasten.

Um die Anzahl der Abschiebungen deutlich zu erhöhen, wird die Staatsregierung gebeten, beim Bund die Beseitigung von Abschiebehindernissen einzufordern. Unter dieser Voraussetzung sowie der Zusage des Bundes, die Kosten für die weitere Unterbringung und Verpflegung der Asylsuchenden zu übernehmen, wenn das Verfahren länger als drei Monate dauert, wird die Staatsregierung gebeten, Asylbewerber solange in Erstaufnahmeeinrichtungen (EAE) unterzubringen, bis über ihren Antrag rechtskräftig entschieden wurde. Wird der Antrag abgelehnt und sind weitere Rechtsmittel ausgeschlossen, kann die Rückführung unmittelbar aus den EAE stattfinden.

8. Asylsuchende sollen ihren Mitwirkungspflichten im Verfahren nachkommen. Die Leistungen, die Asylsuchende erhalten, sollten ihrem aktuellen Aufenthaltsstatus angepasst werden. So-lange sich die Asylsuchenden in einer EAE aufhalten, sollten sie vorrangig Sachleistungen erhalten.

Die Staatsregierung wird gebeten, sich gegenüber dem Bund für wirksamere Sanktionsmöglichkeiten bei Verstoß von Asylsuchenden gegen ihre Mitwirkungspflichten und für die Prüfung der Neuausrichtung von Geld- und Sachleistungen für Asylbewerber einzusetzen.

9. Wer einen rechtskräftigen Bleiberechtsanspruch hat, muss in die Gesellschaft integriert werden. Mit Integration ist gemeint, alle Menschen, die dauerhaft und rechtmäßig in unserem Land leben, in die Gesellschaft einzubeziehen, ihnen unser Normen- und Wertesystem zu vermitteln und ihnen alle damit verbundenen Rechte und Pflichten zu übertragen. Integration und gesellschaftliche Teilhabe müssen dabei vor Ort beginnen. Neben professionellen Angeboten von staatliche Stellen, Vereinen und Initiativen, ist vor allem das gesellschaftliche Engagement der Bevölkerung ein wesentlicher Baustein für eine gelingende Integration.

Die Staatsregierung wird gebeten, mit der Feststellung des Bleibeanspruches umfassende Integrationsangebote zur Verfügung zu stellen und zu fördern, gleichzeitig aber auch dafür Sorge zu tragen, dass diese Angebote angenommen werden.

Die Staatsregierung wird gebeten, die Einrichtung einer zentralen Koordinierungsstelle zu prüfen, um beide Seiten – arbeitssuchende Anspruchsberechtigte und Arbeitgeber – schneller an einen Tisch zu bringen. Gleichwohl sollte neben den Beratungsangeboten der Arbeitsagenturen auch das Beratungsangebot für mögliche Arbeitgeber ausgebaut werden, um eventuell bestehende Vorbehalte und Hemmnisse abzubauen.

10. Die Sicherheit der Flüchtlinge, Helfer und Bevölkerung ist ein hohes Gut und muss stets gewährleistet sein.

Die Staatsregierung wird gebeten, Ausschreibungen so zu gestalten, dass die Erbringung von Sicherheitsdienstleistungen für Flüchtlingsunterkünfte nur von zertifizierten Sicherheitsunternehmen (DIN 77200:2008-05 „Sicherheitsdienstleistungen – Anforderungen“) durchgeführt werden können. Zudem sollte der Personalbedarf der Polizei dem aktuellen Bedarf bei der Absicherung der Asylbewerberunterkünfte angepasst werden. Für eine kurzfristige Entlastung der Polizei soll die Wachpolizei zur Objektsicherung wieder eingeführt werden. Innerhalb der Einrichtungen können Konfliktmanager das Gefährdungspotential deutlich verringern.

Quelle: CDU-Fraktion des Sächsischen Landtages, 27.08.2015

 

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